Der Kunst-Raum

Primär technikgeprägte Räume verstärken im Menschen Angstpotenziale. Es  sollte möglich sein alle Ebenen des Empfindens mit positiven Signalen anzusprechen.

Da 70% der menschlichen Sinneseindrücke über das Sehen erfolgen, ist diesem Aspekt besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Kunst im Raum kann einen Gegenpol zur Technik bilden, Ängste die davon ausgehen kompensieren und auflösen.  In ursprünglichen Kulturen gehören Künstler und Heiler zusammen.  Schöpferische Arbeit geschieht von innen und aussen und wirkt dabei klärend, ordnend und gesundend. So eröffnet sich mir Kunst als einen Versuch der Entropie in allen Lebensbereichen über den Tag hinaus entgegenzuhalten. Wahre Kunst stösst Bewusstwerdungsprozesse an und erfüllt somit wichtige Aufgaben in Gemeinwesen. Kunst wie ich sie verstehe, verweilt nicht an individueller Problematik, sondern orientiert sich am gesellschaftlichen Archetypus und arbeitet an Lösung.

Der Mensch im wohlproportionierten Raum, am Schnittpunkt der positiven Energien, ist im Dialog mit der Kunst. “Kunst eröffnet die kostbaren Bereiche des Lebenssinns und der Existenzfreude. Sie durchleuchtet verworrene Zusammenhänge und nährt den (inneren) Menschen. Sie erreicht uns mit unerklärlicher Leichtigkeit und doch absoluter Sicherheit, als leise Hoffnung, als neuer Mut”. (Alfred Bast)

Zum Heilenden gehört unabdingbar das Gegenüber, der Patient, das Du.  Diesem ist er zunächst Gefährte, Diener und schließlich Heiler.  Ärzte laufen häufig Gefahr sich in der Undurchsichtigkeit vielschichtiger Gegebenheiten zu verlieren. Je mehr die Persönlichkeit den Kontakt zu Weisheit, Wissen und Erkenntnis verliert, desto anspruchsvoller muss sie sich in der äusseren Welt gebärden und Imagedenken deckt seinen Kern zu.

Kunst-Raum, Behandlungsraum, ausgestattet mit einer Komposition von Alfred Bast, Titel:   Maß-Gabe.

Maßgabe, ein Begriff, der in sich die Wandlung des Physikalischen, Metrischen, zum nicht Greifbaren, Seelischen beinhaltet.  Die Arbeit “Maßgabe” besteht aus vier Teilen und befasst sich mit dem Ausloten von Räumen, von Innen- und Aussenräumen, zu denen wir in rätselhafter Beziehung stehen.

Bild       Das Bild in der Größe 120x160cm verzichtet auf einen Rahmen, wie fast alle Bilder des Künstlers. Überwindung des Formats und Univer- salität des gemalten Themas stoßen in innere und äußere Räumlichkeiten. Es strahlt eine kontemplative Stimmung aus und ist in vorherrschend blau  bis blauvioletten Tönen gehalten. Tiefe, Weite und Lösung sind in geheim- nisvoller Weise wahrnehmbar.                                                                     Malen und Zeichnen gehen in einer besonderen Technik ineinander über. Die gleichen Ausdruckselemente finden sich auf allen weiteren Stücken. In den mehrfachen Schichtungen des Bildes, mit streng geometrisch angeord- neten Zeichen auf rhythmischen Bewegungen, gitter- und netzartigen Strukturen, tiefe Farbigkeit, die in vielen Wellenlinien übereinander gearbeitet und übereinander gelegt wurde, wird die Frage nach der seelischen Tiefe gestellt. Das Auge blickt nach innen.

Stab         Der Stab, drittes Element, ist aus Birnenholz gedrechselt. Er nimmt am unteren Ende die Farbigkeit des Bildes und des Kubus auf und endet nach oben weisend in Nichtfarbigkeit.  Durch den Übergang vom tiefen Dunkelblau zum nach oben offenen Weiss, wird eine Bewegung zwischen den Polen des Stabes erzeugt.

Sieben, sich zur Dunkelheit hin verjüngende Wellenberge, die durch die Entwicklung der Farbe unterstützt werden und sechs Wellentäler, schaffen die Verbindung zur musikalischen Oktave, die eine Tonstrecke mit sieben Tönen bezeichnet. Die Stablänge beträgt 1008mm und bezieht sich auf die Ausführungen von John Mitchell, Maßsysteme der Tempel. Er führt darin aus:

Setzt man den mittleren Durchmesser der Erde mit 7920mls an und den des Mondes mit 2160, so ergeben diese die Zahl 10.080.  Nimmt man diesen Wert als Radius eines Kreises, so hätte der Kreis einen Umfang von 31.680mls und das wäre ein Kreis der Erde und Mond einschließen würde, oder wenn man als Zentrum den Mittelpunkt der Erde nähme, durch den Mittelpunkt des Mondes ginge. Gleichzeitig hätte aber das Quadrat um die Erde, das ja die Seitenlänge 7.920mls hat, den Umfang von ebenfalls 31.680mls. So liefern Maße von Erde und Mond eine Darstellung von der Quadratur des Kreises.

100,8f beträgt auch der mittlere Durchmesser des Steinkreises von Stonehedge, der damit ebenfalls einen Umfang von 316,8f aufweist.        Ausserdem ergibt sich die Zahl 1008, wenn man die Inschrift, die in der Steinsäule im Zentrum  Athens eingraviert ist und die griechisch”hoe do deka te hoe”, lautet und übersetzt die 12 Götter heisst, semantisch in einen Zahlenwert überträgt. In der griechischen Antike haben Zahlen und Buchstaben ganz bestimmte Bedeutungen und können eine für die andere stehen. Übersetzt man die Zahl 1008 in Buchstaben, so ergibt sich “die 12 Götter” und wenn man die Zahl des Umfanges, 3160, in Worte übersetzt, “Tempel der 12 Götter”. So stellt sich das Maß des Stockes dar als Quadratur des Kreises von Erde und Mond.

Kubus      Zweites Element der Installation ist ein Würfel mit dem Kanten- maß 12cm. Er steht gleichsam schwebend auf einem gläsernen Zylinder einer wiederum  zylindrischen Marmorsäule und vermittelt Raum und Leere, Realität und Idee, ist Bindeglied zum Stab.

Die nach innen führenden Eigenschaften des Bildes treten in ihm körper- lich nach aussen, verbinden innen und aussen. Der Würfel als repräsentiert das Maß an sich, ist Sinnbild der Maße. Der Kubus, zwölfmal dasselbe Maß, an seinen Kanten sich exact zwölfmal wiederholend, schafft eine direkte Beziehung zu Bild und Stab, verbindet beide in sich, denn im Kubus gibt es das Aussen und Innen. Das Innere ist nicht zugänglich, dennoch durch die klare Form des Kubus offenbar.                                                  

Anthropos    Dieses vierte Element der Komposition, eine Skulptur ca. 7x7x5cm, schafft das was alle Räume verbindet, BEZIEHUNG.  Die Gesamtkomposition, welche den Betrachter herausfordert die Einzelaspekte Bild, Kubus und Stab ins Verhältnis zueinander zu setzen, sind geeignet dem Menschen die eigene Dimension seines ICH im Gesamtzusammenhang des SEIN zu eröffnen. So erlebt man den Anthropos als in sICH versunkenen Engel. Ihm wohnt etwas kugelhaftes inne, ein Zustand der Stabilität, der Ruhe, des in sich SEINS.                    Sein Traum ist die Wirklichkeit, seine Wirklichkeit unser Traum.